Montag, 23. März 2015

Bekennerschreiben

Wie verfasst ein Mathematiker einen Liebesbrief – oder einen Brief, der zumindest bei den meisten Personen in solch einer Situation zu einem Liebesbrief geworden wäre? Gelingt es ihm, genügend Gefühl gegen die formale Logik zu erkämpfen, oder verfasst er selbst den besten Grund dafür, für das Geschlecht von Interesse eben nicht von Interesse zu sein? Wie positioniert er sich, um seine ihm selbst nicht gänzlich vertrauten Gefühle zu umschreiben,  andererseits aber  seinen eigenen Charakter nicht völlig zu verleugnen?

Dies hier ist mein Versuch, den ich per Mail verschickte (nicht, weil mir die persönlichere Handschrift zu anstrengend gewesen wäre, wohl aber, weil sie mir für jenen Moment, auch in Anbetracht der sonstigen Kommunikation mit dem Empfänger, noch zu persönlich erschien).

10. September 2013



Bekennerschreiben


’n Abend, Juli :)


jetzt kommt
’s, und um es kurz zu machen: Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf. Seit ich dich das erste Mal gesehen habe, denke ich in beinahe jeder freien Sekunde an dich und lächle dabei vor mich hin. Das ist soweit ein schönes Gefühl, aber letzten Endes doch recht unbefriedigend.


Wirklich wahr, ich kann es selbst kaum verstehen. Um genauer zu sein: Du gehst mir nicht mehr aus dem Herzen, wenn man dort für den Moment einmal die Gefühle verorten möchte. Mein Kopf beäugt das Ganze eher kritisch, sieht dich zurzeit als nette Bekanntschaft an und möchte dich erstmal näher kennen lernen 
aber er besitzt da scheinbar kein allzu großes Mitspracherecht.

Er hat sich das jetzt einen guten Monat lang angeschaut, und er meint, dass mein Herz in dir eine ziemlich sympathische (natürliche, kluge, hübsche) Person sieht und sich von dieser Meinung nicht abbringen lässt, ganz egal, wie er argumentiert. Diese Zuneigung scheint sogar mit der Zeit noch stärker zu werden 
getreu dem Motto: Was nicht ist, kann ja noch werden.

Infolgedessen sieht er sich in einer missligen Lage. Normalerweise darf nämlich er entscheiden, wie ich meinen Tag verbringe
nur diesmal (und das dürfte allen Ernstes in diesem Ausmaß das erste Mal sein) hängt mein Herz so dermaßen am Haken, dass er machtlos ist und nur noch ein wenig moderieren darf.

Immerhin: Diese Worte hier bringt er zustande, ohne sich gänzlich von den Gefühlen treiben zu lassen. Seiner Ansicht nach ist die Situation in meinem Körper festgefahren, aber nicht unlösbar. Doch braucht es dazu ein wenig Einfluss von außen, sonst läuft hier alles in einer Dauerschleife.


Die Frage ist also, ganz klassisch, doch etwas abgewandelt: Hat mein Herz eine Chance, seinen Willen durchzusetzen und mit dir auszugehen?
[ ] Ja

[ ] Nein

[ ] Vielleicht


Mit den ersten beiden Antworten wäre mein Kopf (und damit auch ich) zufrieden. Mit ihnen kann er arbeiten und die richtigen Weichen stellen, um mein Herz entsprechend zu formen. Bei der letzten Antwort wäre indes eine kurze Erläuterung hilfreich, um sie näher einzuordnen.


Damit sollte ich es lieber belassen, auch wenn dieser Text noch recht ich-bezogen und gefühllos ist. Mein armes Herz klopft schon ganz heftig ob dieser direkten Anfrage. Wenn es nach ihm ginge, würde ich dir noch ewig aus der Ferne hinterhersinnen, aber mir ist abschließend kein vernünftiger Grund eingefallen, weiterhin zu schweigen.


Ich bin gespannt, wie du nun reagierst, Menschenkenntnis ist keine meiner Gaben. ^^' Du bist solche Avancen sicherlich gewohnt, da mache ich mir nichts vor, aber wenn ich nun anfange, mir mögliche Reaktionen und Wahrscheinlichkeiten auszudenken, liege ich erfahrungsgemäß falsch.


Bringen wir dies also zu einem raschen Ende: Ich freu mich von dir zu hören, wenn du die Zeit für eine Antwort findest. Wie sie auch lauten sollte, ich hab dich lieb. :)


Mit den besten Grüßen von Herz, Kopf und mir ^.^ 


Zwei Dinge möchte ich noch anmerken:
  • Der Text wurde bis auf eine Namensabänderung und das Einfügen typographisch korrekter Apostrophe im Original wiedergegeben. Insbesondere die Smileys, welche ich als vortreffliche Möglichkeit erachte, den mit ihrer Bedeutung Vertrauten in Kürze viel zu sagen, wurden übernommen. Der abschließende Smiley mag dabei zu fröhlich und wenig gewagt erscheinen, doch fehlt hier eine entscheidende Information: in manchem Kontext deutet er einen Kuss an.
  • Der Brief führte, so viel sei verraten, zu einem sofortigen Korb. Allerdings bin ich Juli – so habe ich sie hier genannt – dankbar, dass sie ehrlich mit mir war und mich nicht, wie andere das zu tun pflegen, ausgenutzt und bei voller Fahrt aus dem Auto geschmissen hat. So gesehen bin ich mit dem Korb zufrieden, den er enthielt neue Hoffnung in die Frauenwelt.

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